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10.Nov 2009

Gibt es einen kalten Winter? (Spotguide Start: Freitag 13. November)

Geschrieben um 21:37 Uhr von Ronny in der Kategorie News, Prognosen  

Die Wassertemperaturen im zentralen Nordatlantik liegen zurzeit etwa 3 Grad tiefer als zu dieser Jahreszeit üblich. Dies sind gute Voraussetzungen für einen kalten Winter, allerdings nicht die einzigen. In den kommenden Tagen wird es zunächst in Mitteleuropa sehr mild.

Atlantikwasser kälter als normal

In den letzten Tagen hat sich das Wasser im zentralen Nordatlantik von Neufundland her stark abgekühlt. Die Wasseroberflächentemperaturen sind in diesem Gebiet momentan rund 3 Grad tiefer als normalerweise Mitte November. Ein ähnliches Phänomen spielte sich bereits von Juli bis September ab. Im Juni kühlte sich das Wasser vor Neufundland ab, danach lagen die Wassertemperaturen im zentralen Atlantik deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Gleichzeitig lagen über den Britischen Inseln und dem östlichen Atlantik kräftige Hochdruckgebiete.  Ein ausgeprägtes Islandtief führt zu einer kräftigen West- bis Südwestströmung über dem Kontinent

Winterliche Hochdruckgebiete über dem Atlantik?

Ende Oktober kühlte sich das Wasser wiederum vor der Küste Neufundlands stark ab und dehnte sich in den letzten Tagen auf den zentralen, nördlichen Atlantik aus. Eine gegenüber der Umgebung tiefere Oberflächentemperatur führt in der Regel in der Atmosphäre zu Absinkbewegungen und zur Ausbildung eines Hochdruckgebietes. Dennoch ist ein 1:1-Vergleich mit dem Sommer nicht möglich. Damals war die Oberflächentemperatur auf dem nördlichen Atlantik auch bedeutend tiefer als die Oberflächentemperatur auf den Kontinenten. Im Winter sieht dies anders aus. Die Wassertemperaturen auf dem Atlantik sind deutlich höher als die Temperaturen auf den oft verschneiten Kontinenten, entsprechend ist unsicher, ob sich in den kommenden Wochen ein ähnliches Hoch wie im Sommer aufbauen kann. Für die kommenden Tage sieht es nicht nach Hochdruck über dem Atlantik aus. Im Gegenteil: Südlich von Island baut sich ein Sturmtief auf.

Was meint der NAO-Index?

Ein gutes Hilfsmittel für Winterprognosen ist der sogenannte NAO-Index. Er ist ein Mass für die NordAtlantische Oszillation. Darunter versteht man die Druckdifferenz zwischen dem Islandtief im Norden und dem Azorenhoch im Süden. Der NAO-Index berechnet sich aus dem Druckgradienten zwischen Ponta Delgada auf den Azoren und Stykkisholmur auf Island. Bei einem positiven NAO-Index sind sowohl das Azorenhoch, wie auch das Islandtief stark ausgeprägt. Zwischen diesen beiden Druckzentren stellt sich über dem Atlantik eine starke Westströmung ein, die milde und feuchte Luft zum europäischen Festland führt. Ist der Index negativ sind die Druckzentren nur schwach ausgebildet, und es muss mit häufigen Kaltlufteinbrüchen aus Nordosten gerechnet werden. Ist der Index sogar stark negativ liegt das Azorenhoch im Norden bei Island und über den Azoren hat sich ein Tief gebildet. Diese Lage führt zu langandauernden Kälteperioden in unseren Gefilden. In den letzten Tagen bewegte sich der NAO-Index von stark positiven Werten Richtung null. Würde dieser Trend so weiterlaufen, was auf Grund der tiefen Atlantiktemperaturen zu erwarten wäre, würde der NAO-Index in den nächsten Tagen negativ, was zu einer weiteren Abkühlung führen würde.

Atmosphärenmodelle sehen Warmphase

Die atmosphärischen Wettermodelle berechnen aber für die kommenden Tage zahlreiche Sturmtiefsysteme bei Island, was zu einem stark positiven NAO-Index führen wird. Bei uns stellt sich eine Südwestlage ein, und die Temperaturen gehen am Nachmittag wieder in den zweistelligen Bereich. Auf 2000 Meter Meereshöhe erwarten wir auf das Wochenende +8 Grad, in den Föhntälern Höchstwerte bis 18 Grad. Es bleibt abzuwarten, ob sich auf Ende November die tieferen Atlantiktemperaturen doch noch durchsetzen und bei uns für ein Wintermärchen im Advent sorgen.

Felix Blumer, SF METEO